Rechtsverweigerung? Scharfe Kritik an Plänen der Roche

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Die Abbruchpläne der Roche auf dem Südareal sorgen weiter für Widerstand. In einem Brief an den Regierungsrat fordert der Basler Heimatschutz den Erhalt der schutzwürdigen Bauten von Otto Rudolf Salvisberg und Roland Rohn und kritisiert das bisherige Verfahren scharf. Er spricht gar von «Rechtsverweigerung», die im Widerspruch zur Bundesverfassung stehe, da das gewählte Vorgehen «berechtigten Organisationen» das Rekursrecht entziehe. Tatsächlich wirft der Brief an die Exekutive viele neue Fragen auf.

Das künftige Hochhausgebirge der Roche von der Pfalz aus gesehen © F. Hoffmann-La Roche Ltd

Denkmalrat im (erzwungenen) Ausstand
Aus dem Schreiben geht hervor, dass beim Entscheid über den Schutz der Bauten der Roche «drei Mitglieder des Denkmalrates in den Ausstand treten mussten». Bei insgesamt sieben stimmberechtigten Mitgliedern ist das fast die Hälfte. Wie kann es sein, dass eine derart dezimierte Kommission einen solch weitreichenden Beschluss fassen kann? Und es wird noch problematischer: «In einem Fall, weil sich das betreffende Mitglied vorgängig in der Öffentlichkeit für den Erhalt der Bauten 27 und 52 engagiert hat.» Es kann sich dabei nur um Dorothee Huber handeln, die sich an einer Podiumsdiskussion vergangenen Herbst kritisch über die Abbruchpläne geäussert hatte. Dass sie deshalb bei der Abstimmung in den Ausstand treten musste, zeugt von der Kritikunfähigkeit der involvierten Akteure. Es gib in der Welt der Basler Architektur kaum eine sachkundigere Expertin als Huber. Die Tatsache, dass in einer funktionierenden Demokratie das gesellschaftliche Engagement (für die Sache!) von essenzieller Bedeutung ist, wird mit dem erzwungenen Ausstand mit Füssen getreten.

Typologien der Rationalität: Laborgebäude der Roche von Roland Rohn, 1954

Schutzfähigkeit ist die neue Schutzwürdigkeit
Schutzwürdigkeit war gestern. Heute redet man von Schutzfähigkeit. Zumindest bei der Roche. Dass der Begriff, jedoch in der Praxis der Denkmalpflege keine Verwendung findet, kritisiert der Heimatschutz. Er schreibt: «Eine Umfrage hat ergeben, dass dieser Terminus nicht bekannt oder dass er in der denkmalpflegerischen Arbeit nicht gebräuchlich sei.» Tatsächlich kommt der Begriff «Schutzfähigkeit» im kantonalen Denkmalschutzgesetz erst gar nicht vor. Ein Schelm, wer sich dabei denkt, dass findige JuristInnen einen neuen Terminus auf dem Hut gezaubert haben, um doch ans Ziel zu gelangen… «Das Resultat des erwähnten technischen Prüfverfahrens ist deckungsgleich mit den Intentionen von Roche», schreibt der Heimatschutz. Dass der Expertenbericht, der die nicht vorhandene Schutzfähigkeit beweisen soll, «nicht zugänglich» ist, macht stutzig.

Luft, Licht und ein runder Pavillon. So soll die neue Vorfahrt gemäss Plänen von Herzog & de Meuron einst aussehen. © F. Hoffmann-La Roche Ltd

Eidgenössisches Gutachten fehlt
Der Heimatschutz verweist in seinem Schreiben an den Regierungsrat nicht nur auf die internationale Bedeutung insbesondere des Baus 27 (Architekten Otto R. Salvisberg, Roland Rohn) sondern auch auf das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder ISOS, welche das ganze Roche-Areal mit dem höchsten Erhaltungsziel auszeichnet. Wenn bei Abbruch und Neubau bundesrechtliche Bewilligungen notwendig sind, werde das ISOS voll wirksam. Es müsste dann auch ein Gutachten der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) eingeholt werden, was bis jetzt nicht der Fall war. Es stellt sich die Frage, weshalb die Kommission bisher nicht angefragt wurde. Sollen keine schlafenden Hunde geweckt werden? «Ein Verzicht auf Schutz könnte dann nur begründet werden, wenn ein Gegeninteresse von nationaler Bedeutung bestehen würde», schreibt der Heimatschutz. Sind die Hochhauspläne der Roche von nationaler Bedeutung?

UNO en miniature? Bau 52 als Identitätsstifer des Roche Südareals © Architektur Basel

Wo bleibt der BSA?
Bei aller Debatte und Diskussionen um die Pläne der Roche auf dem Südareal, wo es immerhin um die Grundfesten des Denkmalschutzes, also dem Erhalt unserer Basler Baukultur, geht, steht ein Verband eigenartig blass an der Seitenlinie: Der Bund Schweizer Architekten (BSA). Vergangenen Oktober äusserste sich Obmann Simon Frommenwiler im SRF Regionaljournal diplomatisch-unkritisch. Er fände die Pläne der Roche «sinnvoll». Mit Marco Zünd und Quintus Miller sitzen neben Dorothee Huber zwei weitere Mitglieder des BSA im Denkmalrat. Der Verband ist in das Verfahren also massgeblich involviert. Umso mehr erstaunt die Unlust an der Debatte. Es geht bei den Abbruchplänen ja nicht nur um den Denkmalschutz, sondern auch um ein weitaus dringlicheres Thema: die Ökologie. Wie kann die Vernichtung dieser Unmengen grauer Energie in Anbetracht der Klimakrise vertreten werden? Der Ball liegt bei der grünrotgrünen Regierung.

Text: Lukas Gruntz / Architektur Basel

Hallo Klimakrise! So viel graue Energie steckt in den Roche-Bauten… © Arbeitsgruppe Tabula Rasa

 

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