Wer mit dem Tram durch Allschwil fährt, kommt an einigen Kirchen vorbei. Die weit auffälligste dürfte die Römisch-katholische Kirche St. Peter und Paul sein. Der Glockenturm ist etwas vom Hauptgebäude abgesetzt und von der Strasse her gut sichtbar.
Der Grundriss als Glaubensfrage
Im Gegensatz zur Reformierten Kirche, die bodeneben betreten werden kann, führt eine einmal wendende Rampe zum etwas erhöht gelegenen Vorhof der Kirche, einem dreiseitig gefassten Arkadenhof. Geradeaus dahinter liegt das Kirchengebäude, rechts der Glockenturm. Die Kirche kann über zwei Eingänge betreten werden, der künstlerisch ausgearbeitete Haupteingang führt rechts in den Hauptraum. Architekt Fritz Metzgers Entscheid, auf einen zentralen Zugang zu verzichten kommt sowohl der Wirkung des Arkadenhofs, als auch jener des Kircheninnenraums zu gute. Die innere Erschliessung führt ebenfalls in zwei Wegen nach vorne, oder besser gesagt, zur Mitte hin. Das Konzept des quadratischen Grundrisses ist angelehnt an die Architekturen urtümlicher Kulträume. Diesem Prinzip folgend gibt es auch keine seitlichen Fenster. Das Licht fällt über quadratische Öffnungen via pyramidenförmig nach unten zulaufende Lamellen etwas gefiltert in den Raum. Alle Bereiche werden dabei gleichmässig belichtet. Die Kirchenbänke sind abgewinkelt um die liturgische Mitte angeordnet. Anders als in Wegkirchen gibt es keine Unterteilung in Laien- und Chorbänke. Alle Bänke sind auf dem selben Niveau. Lediglich der Altar ist um zwei Stufen erhöht. Dabei ziehen sich die verwendeten Bodenplatten allerdings durch. Die Wände sind schmucklos zurückhaltend, bis auf drei spätgotische Skulpturen aus dem 16. Jahrhundert wird weitestgehend auf kirchliche Darstellungen verzichtet.
Wenn die Stützen aus dem Boden wachsen
Das Feld aus Oblichtern bildet zugleich eine Kasettendecke. Sie ruht hauptsächlich auf vier Pfeilern. Auch hier wirft Metzger die Frage nach der Mitte sprichwörtlich in den Raum. Anstatt einer durchgehenden Stütze entwächst dem Boden ein kreuzförmiger Pfeiler, der sich auf einem Drittel der Raumhöhe in vier Teilstützen trennt; jede davon nimmt jeweils eine Rippe der Kassettendecke auf. Aufgrund der leicht geschwungenen Form ist man versucht, die Teilstützen als Stengel oder zumindest als Stauden zu bezeichnen. Jedenfalls strahlt die Konstruktion eine Leichtigkeit aus.
Während die Wände als neutrale Flächen daherkommen, sind Stauden und Kassetten sägeroh geschalt worden. Die einzelnen, wirklich sehr rauen Holzbretter sind gut sichtbar und erinnern sofort an den Baum im Arkadenhof. Eine gelungene Analogie.
Äusserlich wirkt der Kirchenbau wesentlich härter. Die geraffte Schalung der Sichtbetonfassade nimmt die umliegenden Bäume und Büsche auf. Von hier wirkt das Gebäude sehr selbstverständlich und bringt sich gut in die Umgebung ein. Dass der Glockenturm vom Hauptbau abgesetzt ist, hilft dabei. Wer sich zur Rückseite der Kirche begibt, sieht über grosszügige Verglasungen in das Sockelgeschoss mit weiteren Mehrzweckräumen. Dabei ist die Kirche ein Alleskönner. Unter einem etwas niedrigeren Anbau gibts einen überdachten Parkplatz, dahinter folgt vermutlich der Eingang zu einem von aussen zugänglichen Luftschutzraum.
Konzeptioneller Vorgängerbau in Liestal
Mit dem Bau der Bruder-Klaus-Kirche in Liestal hatte Metzger sechs Jahre zuvor die konzeptionelle Schwester fertiggestellt. Obschon mit Vorhof, wenn auch ohne Arkaden, dafür aber mit zentralem Zugang, ist die gemeinsame Sprache unverkennbar. Zwar ist der Altar noch etwas akzentuierter, die Bänke ordnen sich aber bereits um die liturgische Mitte an. Im Gegensatz zu St. Peter und Paul aber leicht geschwungen. Optisch ansprechend interpretiert Metzger auch hier die Dachkonstruktion. Die Rundstützen ragen schräg in den Raum. Die Decke ist nach oben geschlossen und hängt wie ein Tuch nach unten. Licht kommt über umlaufende hochliegende Bänder indirekt in den ovalen Raum. Der Glockenturm ist – wie erwartet – ebenfalls abgesetzt.
Trotz hartem Sichtbeton in Allschwil und neutral weiss gestrichener Fassade in Liestal, schafft es Fritz Metzger, wie auch immer man es sehen mag; natürliche Formen und textile Verwandtschaften zu suchen – und notabene zu finden. Ein Besuch lohnt sich!
Römisch-katholische Kirche St. Peter und Paul
Funktion: Sakralgebäude
Adresse: Baslerstrasse 51, 4123 Allschwil
Baujahr: 1966/67
Architektur: Fritz Metzger
Tragwerk: Cyrill J. Burger
Römisch-katholische Kirche Bruder-Klaus
Funktion: Sakralgebäude
Adresse: Rheinstrasse 18, 4410 Liestal
Baujahr: 1960
Architektur: Fritz Metzger
Text:
– Simon Heiniger / Architektur Basel
Fotos:
– © Börje Müller Fotografie
– © Simon Heiniger / Architektur Basel
Quellen:
– Hasche, K. & Hanak, M. (2010), Bauten im Baselbiet: eine Architekturgeschichte mit 12 Spaziergängen, Schwabe AG, Basel. ISBN: 978-3-7965-2664-0