Das «Rote Haus» ist offenbar die erste überlieferte Gaststätte in Sissach. Die Heimatkunde datiert das unbekannte Haus noch im abklingenden Spätmittelalter um 1457. Möglicherweise handelte es sich dabei auch um eine Herberge. Noch immer am selben Ort wie 1534 steht die «Sonne» – gegenwärtig wird das Hotel an der Hauptstrasse renoviert und soll 2020 wieder öffnen. Die wohl städtebaulich interessanteste Position aber nimmt das ehemalige Restaurant Eckstein aus dem Jahr 1896 ein. Das Haus bildet – wie im Namen enthalten – die Ecke Bahnhofstrasse-Hauptstrasse, das heutige östliche Ende der Fussgängerzone.
Zusammen mit der Weinhandlung Buess und weiteren Gebäuden bildet es den kompaktesten Häuserblock zwischen dem Bahnhof und der zentralen Hauptstrasse. Die folgenden Blöcke, unter anderem mit dem ehemaligen Warenhaus Cheesmeyer sind wesentlich offener und mit kleinen Wegen durchsetzt. Obschon die Nachbarschaft des Restaurant Ecksteins 1896 noch wesentlich kleinteiliger und noch nicht so dicht wie heute war, bildete das Gebäude doch schon damals den Auftakt, bzw. stand direkt an der Weggabelung zur Strasse zum Bahnhof oder durchs Dorf.
Bauherr und gleichzeitig Ausführender war der Steinhauer Robert Häfelfinger. Nachdem er 1896 das Restaurant baute, folgte zwei Jahre später 1898 sein Wohnhaus mit Werkstätte. Allerdings setzte er es rechtwinklig zum Restaurant entlang der Bahnhofstrasse und liess damit Ort und Traufe in der Hofeinfahrt fast etwas provokativ aufeinandertreffen. Steht das Restaurant Eckstein mit hohem Giebel offensiv in der Kurve, leitet das Wohnhaus Häfelfinger elegant und ruhig den Weg. Trotzdem bilden die Häuser eine Einheit. Robert Häfelfinger zeigte in der Ausformulierung des rustizierten Sockelgeschosses und der verzierten Fenstergewänden mit Dreiecksgiebeln und Segmentbögen sein ganzes Können. Die Gesimse und Eckpilaster mit reich verzierten Kapitellen lassen sich sehen. Dazu kommen einige in Stein gehauene Fratzen am Wohnhaus und eine am Restaurant stirnseitig mittig angebrachte weibliche Figur. In den Händen hält sie Zirkel und Hammer – damit symbolisiert sie die Steinmetzkunst.
Die beiden zweigeschossigen Bauten können wir dem Spätklassizismus zuordnen. 1932 wurden die Gebäude durch eine Medienfirma mit Druckerei übernommen und 1946 entsprechend zu Büro- und Produktionsräumen umgebaut. Die Innenräume sind allesamt verändert. Die Fassaden indes blieben dabei weitestgehend unangetastet. Das Gebäudeensemble wird durch die Denkmalpflege Baselland im nicht rechtsverbindlichen Bauinventar BIB als «kommunal schützenswert» beurteilt.
Text: Simon Heiniger / Architektur Basel
Ensemble ehem. Rest. Eckstein und Wohnhaus Häfelfinger
Adresse: Hauptstrasse 31, Bahnhofstrasse 33, 4450 Sissach
Architektur: Steinhauer Robert Häfelfinger
Baujahr: 1896 (Hauptstr. 31), 1898 (Bahnhofstr. 33)
Umbau: 1946 (Büro & Produktion)
Funktion: Restaurant, Wohnhaus, heute Büros & Produktion
Fotos:
– © Simon Heiniger, Architektur Basel
Karten/Luftbild:
– Bundesamt für Landestopografie swisstopo
Quellen:
– Hasche, K. & Hanak, M. (2010), Bauten im Baselbiet: eine Architekturgeschichte mit 12 Spaziergängen, Schwabe AG, Basel. ISBN: 978-3-7965-2664-0
– Arbeitsgemeinschaft zur Herausgabe von Baselbieter Heimatkunden (1998), Heimatkunde Sissach, J. Schaub-Buser AG, Sissach. ISBN: 3-85673-529-1
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2003), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Sissach