WB-Remise: Nr. 5 hat ausgedampft!

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Seit 1880 erschliesst die Waldenburgerbahn die Ortschaften im Waldenburgertal. Bis 1953 wurden dazu Dampflokomotiven eingesetzt. Von den ehemals acht Lokomotiven sind sechs verkauft oder rückgebaut worden. Nr. 6 mit Namen «Waldenburg» steht heute im Verkehrshaus Luzern, Nr. 5 trägt den Namen «G. Thommen» und war von 1980 bis 2015 als historischer Dampfzug unterwegs. Für ihre Abschiedsfahrt 2018 wurde die Lokomotive noch einmal betriebsfähig aufgearbeitet. Nun hat sie endgültig ausgedampft und steht zusammen mit einem Personen- und Post- und Gepäckwagen in der neu erstellten WB-Remise bei der Station Talhaus in Bubendorf.

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Abfahren!
Tatsächlich habe ich einige Erinnerungen an das historische «Waldenburgerli». An den Wochenenden im Sommer war die Dampflock Nr. 5 jeweils schon von Weitem zu hören. Je nach Wetter und Publikumsaufkommen zog Nr. 5 mehrere historische grüne Personenwagen hinter sich her. Die Steigungen in Hölstein verlangten der dreiachsigen Tenderlokomotive alles ab. Möglich wurde dies aber erst durch das ehrenamtliche Engagement des Vereins Dampfzug Waldenburgerbahn. Dessen Mitglieder traf der Entscheid der Baselland Transport AG, wonach Nr. 5 nach dem Umbau der gesamten Strecke auf Meterspur nicht mehr fahren sollte, hart.

WB-Remise, Bubendorf © Lehner + Tomaselli AG (angepasst)

WB-Remise, Bubendorf © Lehner + Tomaselli AG (angepasst)

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Was also tun? Alsbald musste für Nr. 5 eine neue Bleibe gesucht werden. Aufgrund der grossflächigen Ausbauten der Bahnanlagen in Liestal und Waldenburg, war eine Unterbringung am Start- oder Zielbahnhof nicht realistisch. Es fand sich eine freie Fläche zwischen dem Parkplatz und dem Campingareal beim Restaurant Talhaus in Bubendorf. Die Talhaus AG überliess das Grundstück schliesslich im Baurecht.

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Eine Remise als letzte Ruhestätte
Das Raumprogramm war einfach. Gefordert war ein gedeckter Unterstand mit Nebenraum. Ein öffentlicher Wettbewerb wurde unseres Wissens aber nicht durchgeführt. Den Zuschlag für die Planung hat schliesslich das Büro Lehner + Tomaselli AG aus Sissach erhalten. Die Architekt*innen sahen einen zurückhaltenden Remisenbau vor. Er ist von der Strasse gut einsehbar und dient als Ausstellungsraum für die Öffentlichkeit. «Mit Pultdach ergänzt der Baukörper den historischen Gastronomie- und einstigen Landwirtschaftsbetrieb zu einer harmonischen Gesamterscheinung, vermittelt dabei als Riegel-Bau optisch in der Schnittstelle zwischen Landschaftsraum, angrenzendem Campingplatz und Hauptstrasse,» schreiben die Entwerfenden.

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Die 5 × 28 Meter grosse Remise ist unbeheizt und sinnigerweise als Holzbau konstruiert. Über fünf Fenster ist das historische Waldenburgerli von Aussen zu sehen. Das Innere überrascht mit flexibel nutzbarem Mobiliar. Dank aufklappbaren Tischen kann die Remise auch als Eventlokal gemietet werden. Wer möchte, kann sein Cüpli aber auch auf den Holzbänken im grünen Personenwagen geniessen.

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Nr. 5 möchte raus!
Dass sich nach langer Suche eine letzte Ruhestätte für Nr. 5 mit Anhang gefunden hat ist toll. Dass sich diese trotz aller Umstände an der Stammstrecke der Waldenburgerbahn befindet ist umso besser. Aus architektonischer Sicht stellen sich dann aber doch ein paar Fragen. Wir sind uns bewusst, Platz ist ein rares Gut – und doch hätte man sich gewünscht, die Remise wäre, insbesondere in der Breite, etwas grosszügiger ausgefallen. Zweifelsohne mag der Aufenthalt unmittelbar neben Kuppelstange und Dampfzylinder ein interessanter sein – wo kommt man denn, mal vom Verkehrshaus in Luzern abgesehen, so nahe an solche Maschinen ran – trotzdem fühlt sich der Raum etwas gedrungen an. Wenigstens kann man Lokomotive und Wagen über die fünf Fenster von draussen betrachten. Das funktioniert gut, wenn man nahe am Glas steht. Aus der Entfernung stören im Sinne der Ausstellung die Fensterbrüstungen; die Radsätze und Schienen sind von aussen nicht sichtbar.

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

WB-Remise, Bubendorf © Marc Eggimann

Wenn ich ab und an mit der WB an der Remise vorbeifahre, erinnert mich das Ganze an ein wertvolles Sammlerstück in einer Box. Sobald diese allerdings geöffnet wird, verliert es an Wert. Hier ist das natürlich nicht so. Seit 1902 hat Nr. 5 in 51 Betriebsjahren mehr als 1 Million Kilometer zurückgelegt – angesichts der relativ kurzen Bahnstrecke von rund 14 Kilometern eine mehr als beachtliche Leistung. Die Lok möchte raus! Vielleicht wäre ein offener Unterstand schlussendlich doch besser geeignet gewesen als eine Remise?
Der «Einschluss» mag aber auch durchaus seine logischen Gründe haben. Nr. 5 stand nach ihrer Ausserbetriebnahme 1953 acht Jahre im Depot in Waldenburg. Ab 1961 konnte man Nr. 5 ganze vierzehn Jahre lang gegenüber von Perron 2 in Liestal bestaunen. Die Lokomotive war damit allerdings Wind, Wetter – und Vandalismus – ausgesetzt. Dies setzte dem Zustand der Maschine erheblich zu. Aus diesem Standpunkt ist die geschlossene Gebäudehülle der Remise durchaus nachvollziehbar.

Nr. 5 hat ausgedampft – bald aber wird ein kleiner Nachbau von Schwesterlok Nr. 6 «Waldenburg» beim Talhaus ihre Runden drehen. Die Miniaturlok wird dereinst auf einer 350 Meter langen Strecke rund um die Remise unterwegs sein. Na dann: Abfahrt!

Text: Simon Heiniger / Architektur Basel


WB-Remise Ramlinsburg
Adresse: Obere Hauensteinstrasse 21G, 4416 Bubendorf
Architektur Lehner + Tomaselli AG
Bauherrschaft: Verein Dampfzug Waldenburgerbahn
Baujahr: 2018-2019
Funktion: Remise / Museum / Eventlokal


Fotos:
– © Marc Eggimann
Pläne:
– © Lehner + Tomaselli AG
Quellen und weiterführende Literatur
Verein Dampfzug Waldenburgerbahn VDWB, Hölstein
– Leupin, H. (1980), 100 Jahre Waldenburgerbahn 1880-1980, Waldenburgerbahn 1980, keine ISBN
– Gysin, F. & Amstein, A. (2000), Waldenburgerbahn – die Schmalspurbahn im Baselbieter Jura, Dietschi, Olten. ISBN: 978-3-905404-14-2
– Claude, J. (1978), Die Waldenburgerbahn, Eisenbahn Verlag, Villigen (CH), ISBN: 3-85649-040-X

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