Uhrenfabrik Buser & Co Niederdorf| Baselbieter Baukultur #41

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Neben der Heimposamenterei im 19. und frühen 20. Jahrhundert, entwickelte sich das Waldenburgertal und die Nebentäler zu einem wahren Mekka für Uhrenfirmen. Die Namen «Revue Thommen» oder «ORIS» sind dabei nur die Spitzen des Eisbergs. In zweiter Reihe beschäftigten die Zulieferer- und Feinmachanikindustrie eine Vielzahl an Mitarbeitenden.

Neben den Fabrikanlagen der Uhrenfabrik Oris in Hölstein und den Fabrikationsgebäuden der Revue Thommen in Waldenburg hat auch Niederdorf einige architektonische Besonderheiten zu bieten. Die Uhren- und Schraubenfabrik Buser & Co produzierte ab 1871 in Niederdorf an der Dorfgasse 10 in einer ehemaligen Bandfabrik und vormaligen Schreinerei und Schlosserei. Das Land gehörte ursprünglich dem Basler Bürgermeister Johann August De Bary-Frey. Er liess sich um 1772 ein Landgut mit Herrenhaus, Ökonomiegebäude und Anbauten errichten. Ausser einer Türe mit den Initialen «DF» und einer Eichentreppe einige Häuser weiter existiert von dieser Anlage allerdings nichts mehr. Im direkt anschliessenden Gebäude Nr. 12 in ähnlicher Bauart produzierte ab 1894 mit der Firma «Affentranger, Haas und Plattner» ein weiterer Uhrenbetrieb.

Industriegebäude Dorfgasse 10, Niederdorf © Architektur Basel

Industriegebäude Dorfgasse 10, Niederdorf © Architektur Basel

Nachdem die Gebäude an der Dorfgasse 10 zu klein wurden, beauftragte die Buser & Co den Architekten Leo Gehri aus St.Louis für einen Neubau an der Hauptstrasse gleich vis-à-vis am anderen Ufer der Frenke. Die Anlage besteht aus einem Wohnhaus (Nr. 15) und einem Industriebau (Nr.17). Obschon die beiden Gebäude als ein zusammenhängendes Volumen gelesen werden, unterscheidet sich das Wohnhaus durch eine etwas üppigere Architektur mit Krüppelwalmdach. Das Fabrikationsgebäude dagegen gibt sich nüchtern. Die hochrechteckigen Fenster in zwölf Achsen kommen ohne Läden aus. Einzig ein asymmetrisch gesetzter Risalit mit Dreiecksgiebel sticht hervor. Als Aufgang dient eine zweiläufige Treppe, dahinter eine kassetierte Holztür. Das Wohnhaus bietet rückseitig unterschiedliche Fenster: das Treppenhaus wird über grosse rechteckige Fenster über dem Gartenausgang belichtet, die Toilette und die Küche verfügen über vierteilige Fenster mit Klappläden. Am auffälligsten jedoch präsentiert sich der hohe Sockel. Er unterscheidet sich denn auch in seiner Farbgebung vom restlichen Gebäude.

Industriegebäude Hauptstrasse 15-17, Niederdorf © Architektur Basel

Industriegebäude Hauptstrasse 15-17, Niederdorf © Architektur Basel

Als Vorbild dürfte ein ähnliches Fabrikationsgebäude der Architekten Ryf und Nägelin an der Eimattstrasse 36 in Oberdorf gedient haben. Das 1914 für die Uhrenfirma Berger & Cie erstellt Gebäude besteht ebenfalls aus einem Wohnhaus mit Rundbogenportal, einem Krüppelwalmdach im Heimatstil und einem schlichten Industriebau. 

Industriegebäude Eimattweg 16, Oberdorf © Architektur Basel

Industriegebäude Eimattweg 16, Oberdorf © Architektur Basel

Zu den Fabrikationsanlagen an der Hauptstrasse in Niederdorf darf im weitesten Sinne auch das 1916 erstellte Mehrfamilienhaus gezählt werden, stammt es doch vom selben Auftraggeber und wurde ebenfalls durch Leo Gehri entworfen. Das viergeschossige Arbeiterwohnhaus am südlichen Dorfausgang von Niederdorf überrascht mit Details. So entdeckt man bei genauerem Hinsehen Zwillings- und Drillingsfenster, Vierfach-Fenster ohne Läden und Zierbalken im Giebelfeld. Über eine Freitreppe betritt man das Gebäude durch einen Rundbogeneingang. An der Haustür und im Treppenhaus finden sich Jugendstilornamente.

Arbeiterwohnhaus Hauptstrasse 1-3, Niederdorf © Architektur Basel

Arbeiterwohnhaus Hauptstrasse 1-3, Niederdorf © Architektur Basel

Sowohl die beiden älteren Produktionsgebäude an der Dorfgasse Nr. 10 und Nr. 12, sowie die Fabrikationsgebäude mit Wohnhaus an der Hauptstrasse Nr. 15-17 als auch das eindrückliche Arbeiterwohnhaus an der Hauptstrasse Nr. 1-3 in Niederdorf, sowie das Industriegebäude an der Eimattstrasse 36 in Oberdorf befinden sich im Bauinventar des Kantons. Die hier nicht besprochene Villa Buser (Villa Stephani) aus dem Jahr 1907 an der Hauptstrasse 5 in Niederdorf ist das einzige Gebäude in Zusammenhang mit der Uhrenfabrik Buser & Co, das tatsächlich unter kantonalem Denkmalschutz steht.

Fabrikgebäude Dorfgasse 10+12
Funktion: Industrie
Adresse: Dorfgasse 10, 4435 Niederdorf
Baujahr: 1871
Architektur: unbekannt

Fabrikgebäude Eimattstrasse 36
Funktion: Industrie
Adresse: Eimattstrasse 36, 4436 Oberdorf
Baujahr: 1914
Architektur: Ryf und Nägelin

Fabrikgebäude und Wohnhaus Hauptstrasse 15-17
Funktion: Industrie & Wohnen
Adresse: Haupstrasse 15-17, 4435 Niederdorf
Baujahr: 1916
Architektur: Leo Gehri

Arbeiterwohnhaus Hauptstrasse 1-3
Funktion: Wohnen
Adresse: Hauptstrasse 1-3, 4435 Niederdorf
Baujahr: 1916
Architektur: Leo Gehri


Text und Fotos:
– Simon Heiniger / Architektur Basel
Quellen:
– Hasche, K. & Hanak, M. (2010), Bauten im Baselbiet: eine Architekturgeschichte mit 12 Spaziergängen, Schwabe AG, Basel. ISBN: 978-3-7965-2664-0
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2003), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Niederdorf
– Affolter, C. im Auftrag der Denkmalpflege BL (2008), Bauinventar Kanton Basel-Landschaft BIB, Gemeinde Oberdorf

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